Angeborene Fehlentwicklungen des Nierenparenchyms im Sinne der Nierendysplasie sind eine häufige Ursache der terminalen Niereninsuffizienz im Kindesalter. Histologisch zeigt sich das Nierenparenchym weitestgehend durch undifferenziertes Gewebe ersetzt, häufig finden sich auch zystische Veränderungen.
Zahlreiche Entwicklungsgene spielen in der embryonalen Entwicklung der Niere eine Schlüsselrolle und verschiedene Gendefekte wurden bei Patienten mit dysplastischen Nieren beschrieben. Von besonderer Bedeutung ist u.a. HNF1ß (hepatocyte nuclear factor), ein gewebespezifischer Transkriptionsfaktor, der durch das HNF1ß Gen auf Chromosom 17q21.3 kodiert wird. Exprimiert wird HNF1ß vor allem in den Nieren, der Leber, in Gallengängen, Pankreas und im Genitaltrakt. Renal ist HNF1ß in den proximalen und distalen Tubuli sowie den Sammelrohren nachweisbar.
Erstmals wurden Mutationen im HNF1ß-Gen im Zusammenhang mit dem maturity onset diabetes of the young (MODY Typ 5) im Jahr 1997 beschrieben. Es handelt sich um eine autosomal dominant vererbte, monogene Form des nicht insulinabhängigen Diabetes mellitus. Klinisch definiert wird der MODY Typ 5 durch das Auftreten eines Diabetes in mindestens zwei Generationen mit mindestens einem Betroffenem unter dem 25. Lebensjahr bei Diagnosestellung. Zusätzlich zum MODY Typ 5 wurden Erhöhungen der Harnsäure, der Leberenzyme, zystische Nierenveränderungen und urogenitale Fehlentwicklungen bei betroffenen Mädchen und Jungen beschrieben (renal cysts and diabetes syndrome, RCAD). Auch bei Patienten mit isolierter zystischer Nierendysplasie lassen sich in einem relevanten Prozentsatz HNF1ß- Mutationen nachweisen. Ein Teil dieser Patienten fällt zusätzlich über einen ausgeprägten Magnesiumverlust über den Urin auf, der sich klinisch als Hypomagnesiämie manifestiert.
Wenngleich die Bedeutung von HNF1ß-Mutationen für die Manifestation zystischer Nierenerkrankungen durch Querschnittsuntersuchungen gut belegt ist, so ist die Datenlage im Langzeitverlauf zur Einschätzung der Progression der HNF1ß -assoziierten Nephropathie bislang sehr unzureichend. Das Spektrum der Nierensonographie betroffener Patienten ist breit und reicht von ein- zu beidseitiger Manifestation und leichten, bis hin zu ausgeprägten, schweren Veränderungen. Dem zu Folge zeigt ein Teil der Patienten eine noch normale Nierenfunktion, andere aber entwickeln bereits in früher Kindheit ein terminales Nierenversagen. Auch intrafamiliär zeigt sich eine große Variabilität der Symptome und des Ausprägungsgrades.