Hintergrund

Bei zystischen Nierenerkrankungen handelt es sich um angeborene Erkrankungen, die fortschreitend v. a. die Nieren, teilweise darüber hinaus aber auch andere Organe betreffen. Zystische Nierenerkrankungen zählen zu den sogenannten „seltenen Erkrankungen“; derzeit wird in Deutschland von schätzungsweise 300-400 betroffenen Kindern und Jugendlichen ausgegangen. Gleichzeitig stellen zystische Nierenerkrankungen aber eine der häufigsten Ursachen eines dialysepflichtigen Nierenversagens im Kindes- und Jugendalter dar. Als wichtigste Vertreter sind die autosomal rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD), die Nephronophthise (NPH), das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) sowie die sog. HNF1ß-Nephropathie zu nennen. Die Erkrankungen können mit unterschiedlichen Symptomen in verschiedenen Alterstufen auftreten. Bei vielen Patienten wird die Erkrankung bereits in der frühen Kindheit – teils sogar vor der Geburt – festgestellt bei anderen treten die ersten Symptome erst während des späten Jugendalters in Erscheinung. Zudem variieren die Krankheitsverläufe einzelner Patienten selbst innerhalb einer Familie teils erheblich, was eine individuelle Beratung und Prognose erschwert.

Zystische Nierenerkrankungen sind durch erbliche Veränderungen (Mutationen) sogenannter Zystengene bedingt. Derzeit sind ca. 70 solcher Zystengene bekannt, wobei die Zahl in den vergangenen Jahren aufgrund intensiver Forschungsbemühungen rapide angestiegen ist und auch in Zukunft weiter steigen wird. Die meisten zystischen Nierenerkrankungen des Kindesalters folgen dabei einem sog. „rezessiven Erbgang“. Dies bedeutet, dass bei Patienten beide Kopien eines Gens verändert sind, wohingegen bei ihren – meist gesunden – Eltern eine gesunde und eine veränderte Kopie des Gens vorliegen.

In den letzten 15-20 Jahren konnten Wissenschaftler auf der ganzen Welt deutliche Fortschritte im Verständnis der Mechanismen verzeichnen, welche zu zystischen Nierenerkrankungen führen. Dennoch existiert weiterhin keine ursächliche, sichere und etablierte Behandlung für betroffene Kinder. Darüber hinaus fehlen standardisiert erhobene klinische Langzeit-Daten, welche Rückschlüsse vom zugrundeliegenden Gendefekt auf die zu erwartende individuelle Prognose erlauben.

Ziel der hiesigen NEOCYST-Studie ist es daher, das Krankheitsverständnis zystischer Nierenerkrankungen weiter voranzutreiben und so die Versorgung und Betreuung betroffener Patienten durch eine fundierte und zugleich individuelle Beratung zu verbessern.